In den Management-Spitzen Nr. 6 geht es um eine Führungskraft und ihre neuen Führungsmethoden.
Am 1. Juni konnten Sie im Teil 1 lesen, dass Bereichsleiterin Henriette Endemann zum Frühstück einlud und damit ihren Mitarbeitern einiges Kopfzerbrechen bereitete.
Lesen Sie hier Teil 2 und erfahren Sie, was sich nun hinter Henriette Endemanns Einladung zum Frühstück wirklich verbirgt:
Constanze Saalbach konnte bis zum Frühstückstermin am Freitag nichts Konkretes über die Hintergründe in Erfahrung bringen. Im Kreis der anderen eingeladenen Kollegen hatte man sich ausgetauscht zu den vier Fragen, die jeden bewegten: Warum? Wo? Wann? Wie?
Warum? Die spannendste aller Fragen. Details dazu hätte vielleicht Henriette Endemanns Assistentin gewusst, doch sie hatte bei dem vorsichtigen Versuch der Kollegen, das Gespräch in diese Richtung zu lenken, gleich offensiv verkündet, dass sie nichts sagen könne und sich neutral verhalten wolle. Wer konnte es ihr verdenken.
Wo? Na ja, das fanden die anderen Eingeladenen natürlich auch höchst amüsant. „Fernab des Büros“ – im Nebengebäude. Die Besprechungsräume dort waren zwar sehr hell und auch nett eingerichtet. Aber fernab?
Wann? 8 Uhr morgens. Eine Stunde lang. Das konnte ein guter (und leckerer) Start in den Tag werden, aber nicht jeder war Frühsaufsteher. Unter diesen Gesichtspunkten wäre vielleicht auch ein Mittagessen ganz nett gewesen.
Wie? Das hieß genau: Wie gekleidet erschien man am besten zum Termin? Freitags hieß es „Casual Friday“ im Unternehmen. Doch Henriette Endemann war immer extrem professionell gekleidet. „Casual Friday“ gab es bei ihr nicht. Also wäre es doch sicher besser, zu einer offiziellen Frühstückseinladung etwas schicker zu erscheinen.
Freitag. 8 Uhr. Die geladenen (und elegant gekleideten) Mitarbeiter standen im Besprechungsraum, auf den Tischen waren Wasser, Kaffee, Tee aufgebaut. Nach Frühstück sah es noch nicht aus, aber vielleicht kam der unternehmenseigene Caterer ja gleich nochmal mit dem Wagen vorbei und brachte den Rest. 8 Uhr 5. Keine Henriette Endemann, kein Caterer, keine Info über eine Verspätung. 8 Uhr 10. Eintreffen Henriette Endemann. Sie entschuldige sich für die Verspätung, es habe noch einen wichtigen Call gegeben. Dabei sei ihr das Frühstück so extrem wichtig, stelle es doch eine gute Möglichkeit dar, das Ohr sozusagen an der Belegschaft zu haben. Herauszufinden, was die Mitarbeiter bewege. Und ach wie schön, die Getränke seien ja auch schon da. Dann könne es ja losgehen, es solle doch bitte jeder Platz nehmen. Sie stelle sich den Termin so vor, fuhr Henriette Endemann fort, dass sie kurz ein paar Highlights und neue Entwicklungen aus dem Bereich berichte und dann gerne im Folgenden zu diesen Themen in den Austausch gehen wolle. 8 Uhr 13. Start der Ausführungen von Henriette Endemann. Durchaus interessant, dachte sich Constanze Saalbach, aber vieles davon wissen wir doch eigentlich schon aus unseren Abteilungsmeetings. 8 Uhr 27. Die Ausführungen dauern an. Wann wohl der Austausch beginnt?! Und ob wohl der Caterer noch kommt? Aber irgendwie hatte sich Henriette Endemann ja nur über gelieferte Getränke gefreut. Und sich nicht gewundert, dass noch etwas fehlen könne. 8 Uhr 40. Von den Highlights und Entwicklungen des Bereichs ist Henriette Endemann zu ihren Zukunftsvisionen übergegangen. 8 Uhr 49. Um noch einen Exkurs zu bisher Erlebtem aus anderen beruflichen Stationen anzuschließen. 8 Uhr 56. Piepen des Blackberrys. Henriette Endemann guckt irritiert auf das Gerät und äußert ihren Unmut über die so schnell verflogene Zeit. Ob die Mitarbeiter denn noch Fragen hätten. Ja, sagte Kollege Gruber, ihn interessiere, wie denn ihre Visionen zur Vision des Unternehmens passen. Eine sehr gute Frage, lobte Henriette Endemann den Einwurf von Kollege Gruber, doch sie müsse um Verständnis bitten, sie habe einen Anschlusstermin und müsse diesen Punkt vertagen. Der Termin mit der Gruppe habe ihr aber extrem viel Spaß gemacht, das sei ein sehr guter Start in den Tag und eine Bestätigung für sie gewesen, dass das Format durchaus sinnvoll sei. Schließlich sei ja so wichtig für sie zu erfahren, was die Mitarbeiter bewege. 8 Uhr 59. Henriette Endemann verlässt den Raum. Die Mitarbeiter nach drei schweigsamen Minuten ebenfalls.
In der Mittagspause steht Constanze Endemann mit knurrendem Magen und vollem Tablett an der Kantinenkasse, als sie von Petra Morgenroth, Kollegin aus dem Nachbarbereich, begrüßt wird. Ach, man habe sich ja lange nicht gesehen, so die Kollegin. Und sie müsse schnell weiter, sie habe ja so einen Hunger. Morgens hätte es ein Frühstück mit dem Bereichsleiter gegeben. Also eigentlich nur Getränke, aber egal. Sei eine Idee der Geschäftsführung gewesen. Damit die Bereichsleiter aus erster Hand erfahren, was die Mitarbeiter bewege. Und wenn sie es richtig gehört habe, sei dieses Frühstücks-Format ab sofort auch fester Bestandteil der Zielvereinbarungen für Bereichsleiter…
(Personen und Handlung sind frei erfunden.)
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